Die Bedeutung des Wandbildes in der Einfahrt

Wie bei jedem Kunstwerk hat das Bild keine Bedeutung in sich, die man wie ein Rätsel herauslösen könnte. Man kann ihm nur eine Bedeutung in nachvollziehbarer Weise zukommen lassen. Oder noch einfacher gesagt:

Wenn das Bild eine Bedeutung hätte, dann könnte man diese ja auch direkt an die Wand schreiben. Dann müsste man als Betrachter nicht lange nach dieser suchen. So hat sich eigentlich auch erst im Nachhinein in der Gruppe gezeigt, dass die keramischen Teile in ihrer letztlichen Form durchaus etwas mit den Ideen des Kursanfangs zu tun haben. Und dies in vielfältigerer und offenerer Form als es die ersten Ideen vermochten, wie z. B. die Reihe von Länderfahnen, die in ihrer Symbolik eindimensional, vorgegeben und damit recht langweilig gewesen wären. So kann sich jeder von dem Bild zu eigenen weiterführenden Gedanken anregen lassen oder es einfach – hoffentlich – als optische Bereicherung, als schön, empfinden. Im Projektkurs stieg jedenfalls die Begeisterung für diese Art der Gestaltung von Mal zu Mal. Jede neue Deutung brachte eine weitere hervor. Neben vielen weiteren möglichen Assoziationen kann man also z. B. Verbindungen zu folgenden drei schulspezifischen Aspekten ziehen: Internationalität, Persönlichkeiten oder Jugendstilarchitektur.

Die Viel-Farbigkeit kann an die Vielfalt der Nationen und Kulturen an unserer Schule denken lassen. Gerade die vielen Farben lassen ein buntes Bild entstehen. Natürlich gruppieren sich oft die gleichen Farbtöne zu kleinen Ballungen, aber sie durchmischen sich auch immer wieder. Keine Farbe dominiert das Bild und keine Farbe grenzt sich aus. Es entsteht aber auch kein Einheitsbrei, sondern die Einzelfarben werden durch die Nachbarn in ihrer Individualität erst richtig wahrgenommen. Das Motto der Jubiläumsfeier kann man an den Formen festmachen. Aus über 700 Einzelformen setzt sich das Bild am Ende des Projektkurses zusammen, was in etwa der Anzahl der Luisenschüler entspricht. Jede ist einzeln an der Töpferscheibe gedreht und anschließend geglättet worden. In jede mussten Riefen in die Bodenfläche geritzt werden, damit sie genug Halt an der Wand bekommt. Jede wurde gebrannt, damit sie genug Stabilität erhält. Jede wurde einzeln mehrfarbig glasiert und nochmals gebrannt. Nach und nach wurde entschieden, welche Formen geeignet sind und welche noch fehlen. Es entstanden sowohl „Lieblinge“ – manchmal gerade wegen kleiner Macken – als auch gewisse extravagante Ergebnisse, die trotzdem – weil Einzelne sich für sie einsetzten – aufgenommen wurden. Keramik meist in Form von Fliesen findet sich teils noch sichtbar in den Eingangsbereichen der Schule, teils übermalt an den Klassentüren im Schulgebäude. Freie Keramikformen befanden sich früher an den Brunnen in den Gängen der Schule. Es ist als Material typisch für den Jugendstil des Altbaus. Eine pragmatische und großflächige Lösung zur Renovierung der Einfahrt erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg mittels Klinkern in Riemchenform. Es ging darum, eine neue preiswerte dreckabweisende Sockelfläche zu erhalten. Die ursprüngliche Gestaltung mag unter diesen noch in Resten vorhanden sein. Die neue Keramik klebt ungerahmt mitten auf ihr. Sie verdeckt die Klinker nicht, sie geht aber auch keine harmonische Einheit mit ihnen ein. Die Platzierung orientiert sich an der ursprünglichen Wandnische gegenüber dem Haupteingang. Die Einzelformen sind stabiler als sie zunächst erscheinen. Es existieren aber auch fragile, kleine und große, dicke und dünne, flache und herausragende, harmonisch sich einfügende und herausstechende und so weiter. Letztlich bleibt die Keramik also verletzlich. Ob das Wandbild verschmutzt oder zerstört wird, oder ob es erfühlt und als Anregung verstanden wird, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht ist für jeden seine persönliche Lieblingsform dabei. Schauen Sie doch mal selbst!

Martin Wedler

 

 

CertiLingua

UNESCO

Konfliktmanagement